Johannisbeeren

…der Johannisbeeren hat begonnen. Aber zuerst waren die Erdbeeren dran. Die Ernte fiel üppig aus; für die Größe der Beete vollkommen ausreichend. Nun, Erdbeeren werden hier auch direkt vom Erzeuger angeboten, aber die Art und Weise ist für mich nicht in Ordnung. Nur rumänische Erntehelfer im Einsatz. Ich kämpfe mich alleine in meinem Garten durch die Ernte. Bei den Johannisbeeren ist die Aufbereitungszeit doch sehr intensiv, man hat sehr viel Zeit über Sein oder Nichtsein nach zu denken.. Auch Gedanken zu Familie und deren Vor- und Nachteile in der Jetztzeit.

Johannisbeeren
Johannisbeere rot am Stock

Generationenvertrag zählt nicht mehr. Diese Arbeiten, die ich mir selbst auferlege, wurden sonst von den Alten und Kindern ausgeführt. Die Alten konnten in dieser Zeit Geschichten oder auch Erlebtes zum Besten geben. Die Kinder wurden durch die Mithilfe bei der Ernte gleichzeitig an die Notwendigkeit des „Ausdünnen“ der Sträucher und Triebe. Beinahe spielerisch bekamen die Kinder den richtigen Schnitt von Gehölzen bei gebracht. Die Guten in’s Kröpfchen, die Schlechten in’s Töpfchen, oder war es anders herum; ich weiss das leider nicht mehr so genau. Ich habe keine Kinder oder Enkel, denen ich mein Wissen und Handhabungen zeigen könnte. Das ist zwar Schade, aber geplant war das ganz anders. Sind ja auch Sohn und Tochter zur Welt gekommen, die Leichtigkeit der Trennung zerstört aber familiäre Bindungen. Und so ging jeder seine eigenen Wege. Mein Sohn ist verstorben, auch so eine Binsenweisheit, das die Söhne ihre Väter beerdigen. Dann mein Vater und nun auch mein Bruder. Ich sitze also in meinem Garten und habe die Musik an und dabei trenne ich die Beeren von den Stängeln.

Johannisbeere am Stock 2
Dieses Jahr hängen die Johannisbeeren übervoll.

Vorher hatte ich schon eine, von mir vorgegeben Menge Beeren vom Stock geerntet. Die Rispen der Johannisbeere sind unterschiedlich in der Reife und Vollzähligkeit. So hat man also im Schnitt Rispen mit nur 3 oder 4 Beeren in seinem Eimer. Die Finger verkleben von dem austretenden Saft der Beeren, ab und an mal Finger waschen geben mir wieder mal die Möglichkeit, meine Wirbel im Rücken durch zu zählen. Sind noch alle da, also weiter mit der Ernte. Die Beere muss also von der Rispe gelöst werden. Es ist aber besser, wenn man die Rispe nach vorne hält und die Beeren so von der Rispe trennt, die Früchte bleiben dann an dem Hauptstamm (mein Gott, ich kenne nicht mal alle Begriffe in der Natur).So lassen sich die Beeren gut einfrieren oder auch direkt zu Marmelade oder Konfitüre verarbeiten. Da fällt mirauch wieder eine Kapriole aus meiner Jugendzeit ein. Mein Vater hatte noch keine Fahrerlaubnis für ein Auto. Alle Wege erledigte er mit einem Mockik (45km schnell). Und doch schaffte er es immer wieder , Unmengen frischer Beeren von Fahr nach Büchold zu bringen. Es waren noch 4 Geschwister von mir im Haus und dennoch hatte meine Mutter sich niemals über zuviel an Arbeit beschwert. Still und emsig hat sie alles so zubereitet, dass jeder satt wurde und alle zufrieden waren. Im Nachhinein kann ich mir aber vorstellen, es war bestimmt nicht immer einfach.

Johannisbeeren gepflückt und vor  dem Entlauben
Da ist was geschafft!

Viele Gedanken schießen mir durch den Kopf; oh. wieder eine Rispe im falschen Eimer gelandet. Man hat aber Zeit. Man setzt sich höchsten selbst unter Zeitdruck, aber was dauert, das dauert. Ich lasse mir die Zeit. Ab und zu mal eine Zigarette rauchen und Löcher in den Himmel schauen, aber immer im Gedanken beim Fertigwerden mit der Ernte. Ich halte aber nicht mehr so lange durch, meine Schmerzen nehmen trotz Medikamente und Spritzen zu und dann ist es besser, nichts mehr zu tun und den „lieben Gott“ einen guten Mann sein lassen.

Das Seltsame ist aber, Nichtstun kann schwer sein. Sind da auch noch andere Arbeiten zu erledigen, da muss Yoko versorgt werden, das „bisschen Haushalt macht sich auch von Allein“ und Staub und Schmutz vergeht auch von alleine weg.

rote Johannisbeere fertig zur Weiterverarbeitung
rote Johannisbeere fertig zur Weiterverarbeitung

Dass mein Wissen in’s Nirvana abgeht ist aber auch nicht richtig. Oliver nimmt sehr viele Tipps auf und vermengt diese mit seinen eigenen Vorstellungen. Ich helfe ihn so gut es mir möglich ist bei seinen Renovierungstätigkeiten rund um sein Eigenheim. Ich bin aber beim Ernten und nicht auf der Baustelle.

Yoko reißt mich wieder einmal aus meinen Gedanken heraus; die guten in’s Kröpfchen, ich kann während der Ernte nichts essen. Damals beim Kirschenklauen war ich besser drauf. Da war ich auch jugendlich. Die Schlechten in’s Töpfchen, stimmt aber nicht. Erdbeeren und Johannisbeeren werden auf’s Genaueste bearbeitet. Ich will ja auch kein „Grünzeug“ in der Marmelade. Meine Jugend hat sich diesmal auch abgemeldet; kann man aber auch gut verstehen, Chemotherapie ist nichts Schönes. Da verschiebt man die Erntezeit etwas nach hinten. Klappt sehr selten. Die biologische Uhr hat einen anderen Rhytmus, wie unsere Körper. Gute Besserung!

Der erste Strauch ist ab geerntet. Nur noch 1 großer und ein kleiner Strauch. Die hängen aber dieses Jahr auch voll. Die schwarzen Johannisbeeren werden auch langsam reif. Nur die Stachelbeeren machen mir Sorgen. Die werden immer mehr in eine Art Notreife getrieben. Vielleicht etwas Wasser? Ist ja auch verdammt warm die Tage.

rote Stachelbeere
rote Stachelbeeren

Aber so, wie das aussieht ist da Hopfen und Malz verloren. Seltsam, auch Kindern gegenüber benutzt man diesen Spruch. Ob die schon wissen, was das zu bedeuten hat? Die sollten doch noch keinen Kontakt zu Bier haben. Jetzt hinterfrage ich schon Sprüche und Redewendungen. Entweder rieselt der Kalk, oder ich denke zu viel. Mein Kreuz zwingt mich wiederholt zu einer Zwangspause. Dann gehe ich eben mal durch den Garten. Auch keine gute Idee. Da ist da ein Gräschen oder Beikraut, das gehört aber nicht da hin. Und schon beugt sich der Rücken und sagt so ganz leise und nicht für jeden hörbar: „Tu das nicht wieder“, aber ich schaffe es doch wieder, wie ein Mensch aufrecht stehen zu dürfen. Es geht wieder und ich pflücke meine Rispen ab.

Mein Gartennachbar kommt auch wieder vorbei und holt sich seinen Kaffee ab. Ein kleines Gespräch zwischen alten Männern mit ähnlicher Vorgeschichte und ähnliches Alter. Es tut gut, wenn man durch den Besuch aus dem Trott der Monotonie heraus gerissen wird. Aber auch Yoko weiß sehr gut, wann es wieder mal Zeit wird, den „alten Herrn“ aus seinen Stuhl zu bringen und eine Runde zerren und streiten um einen Ball. Was ist das Leben schön!

Die schwarzen Johannisbeeren werde ich wohl dieses Jahr nicht ernten. Die schmecken direkt vom Busch eh besser.

schwarze Johannisbeere
schwarze Johannisbeeren

Aber es kann auch sein, dass zwar einzelne bereits reif sind, aber der Großteil noch nicht so weit sind. Sogar bei monotonen Ernte und Begehungsrituale hat das Gehirn keine Ruhe. Diese schwarzen Johannisbeeren stehen als Erinnerung an meinen Bruder. Er wollte sie nicht und ich habe den Pflanzen einen guten Platz in meinem Garten angeboten. Warum schreibe ich eigentlich so viel und ausführlich, die Tastatur spinnt und ob dieser Beitrag überhaupt gelesen wird. Sei es so; alles zu papiergebrachte wurde in der Vergangenheit öfter Mal dem Feuer übergeben. Jetzt im digitalem Zeitalter geht das sogar noch schneller. Alles geschriebene wird ja direkt mit HTML(Sprache für Browser), WordPress und Colibri erstellt. Backups(Sicherungen)erstelle ich nicht explizit und schwupps ist alles mit Nullen und Einsen in die Cloud((Wolke, hier aber in ein Nirgendwo) gesetzt. Wäre ja nicht das erste Mal, das ich beim spielen und ausprobieren wieder einmal alles zerschieße. Naja; da ist aber auch etwas Gutes dran. So sind diese Beiträge doch in einem aktuellen Zustand. Wie komme ich vom Ernten zum HTML, das schaffe nur ich.

Die Ernte ist noch nicht abgeschlossen aber ich glaube, ich stelle den Beitrag schon mal Online.

Der zweite Busch wurde nun auch von seinen Beeren befreit, so langsam kommen wir dem Ende näher. Ich muss längerfristig planen und dann nur unter Vorbehalt. Mein Schmerzlevel ist doch sehr unterschiedlich und unterbindet zu langfristig Planungen. So lange Yoko noch an meiner Seite ist, habe ich da wenig Bedenken. Die Gefriertruhe füllt sich langsam aber sicher mit „roten Johannisbeeren“, dann kann der Winter ja kommen, wir haben ja ausreichend „Rote Johannisbeeren“ in der Gefriertruhe. Mit Wehmut sehe ich zur Zeit den Garten zu, wie er langsam, aber sicher vertrocknet. Wir hatten seit 2 Monaten keinen Regen. Das ist wirklich schlimm. Nicht nur Schnecken hatten mir meinen Pflanzen ausstattenden grünen Daumen verhindert. Ich hatte 22 Sonnenblumen gesetzt, ganze 2 sind durch gekommen. Frei nach dem Motto: Einer kam durch. Genau so Mau sieht es diesmal auch mit meinen Stangenbohnen aus. Die erste und zweite Satt wurde komplett von den Schnecken vernichtet. Ich muss mich also nicht wirklich wundern, warum ich weder Dill noch Bohnenkraut in meinem Garten finde. Sind ja sogar Blumen so weit abgefressen worden, das ich mich fragen musste, hast Du die denn wirklich hier an dieser Stelle im Boden versteckt?

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